Es war der 21. September 2021, als ich zum letzten Mal Fleisch gegessen habe. Als ich diesen Text begonnen hatte, war auch erster Jahrestag. Bis er fertig wurde, geht der Text so weiter: Seit über einem Jahr bin ich nun Vegetarier. Und es war ein spannendes Jahr, was das anging. Sowohl kulinarisch, als auch sozial.

Obwohl ich nie der riesengroße Fleischesser war, kam mein Ende dieser Gewohnheit recht überraschend. Und zwar in einem brasilianischen Restaurant in Hamburg. Ich machte ein paar Tage Urlaub in der Hansestadt und es gab etwas zu feiern. Neben vielen großartigen gastronomischen Empfehlungen aus dem Fediverse empfahl mir ein Freund, mal brasilianisch Rodizio zu essen. Im Grunde ist sind das verschiedene gegrillte Fleischsorten am Spieß. Sehr viele gegrillte Fleischsorten an sehr vielen Spießen. Und ich kann bis heute nicht behaupten, dass es mit an diesem Abend nicht geschmeckt hat. Im Gegenteil – ich habe mich schlicht und einfach an Unmengen von Fleisch überfressen!

Schlecht zu erkennen, aber ein persönlich-historisches Bild: Ziemlich die letzten Stücke Fleisch, die ich gegessen habe.

Am Tag danach aß ich überhaupt nichts. Den Tag darauf aß ich ein wenig Gemüse und Obst. Und Fleisch aß ich nie wieder.

Erst mal war es für mich keine große Umstellung. Wie gesagt, irrsinnige Fleischmengen aß ich vorher auch nicht und mein persönliches Kochbuch war voll von vegetarischen Gerichten. Aber wenn auch keine große, war es eben doch eine Umstellung. Ich musste mein Repertoire an vegetarischen Speisen noch deutlich erhöhen. Jeden Tag Pasta mit Pesto ist keine Dauerlösung. Im Ernst!

Gurkenbrot
Pestobrot mit Gurken

Schwieriger war es, meinen kleinen Alltags-Fleischkonsum zu ersetzen. Was hatte ich fast immer auf dem Brot, zur Mittagspause oder auch zum seltenen Frühstück? Genau, Wurst! Einzeln gesehen überhaupt keine großen Mengen, die dafür aber fast täglich. Mit Käse gibt es eine fleischlose Alternative, zu der ich nach wie vor greife. Aber aus Gründen des Tierwohls, der Nachhaltigkeit und des Umwelt- und Klimaschutzes will ich das nicht übertreiben und im besten Fall ganz ganz auf sie verzichten. Daran arbeite ich aber noch.

Oft sagen mir Menschen, dass mir durch meine fleischlose Ernährung kulinarisch viel entgeht. Das stimmt natürlich, ich esse Vieles nicht mehr. Dafür habe ich viele Leckereien entdeckt, die ich vorher gar nicht auf dem Schirm hatte. Vegetarische Aufstriche zum Beispiel, die es in unzähligen Varianten gibt. Die universell einsetzbare Kichererbse ist eine meiner liebsten Zutaten geworden, gerade in Salaten oder als Aufstrich oder Hummus. Unter dem Strich ist mein Speiseplan eher vielfältiger als eintöniger geworden. Wann hatte ich früher schon mal Mock-Duck gegessen?

Pitabrot mit Spinat, Ziegenkäse und Nüssen
Pitabrot mit Spinat, Ziegenkäse und Nüssen

Zumindest in meiner eigenen Küche. „Gewöhne dich schon mal an Käsespätzle“, riet mir sehr früh eine vegetarische Freundin. Denn das ist das vegetarische Gericht, dass es in vielen Restaurants gibt. Manchmal die einzige vegetarische Variante.

Veganer Bagel mit Avocado und Hummus

Wobei ich nicht klagen kann. Ich lebe in einer kleinen Großstadt, studentisch und akademisch geprägt. Als Vegetarier oder Veganerin kommt man hier seit Jahren schon vergleichsweise gut gastronomisch über die Runden. Klar, im Steakhouse erwarte ich jetzt keine Veggie-Speisekarte über vier Seiten. Aber da gehe ich auch nicht mehr hin. Und mittlerweile gibt es schon einige rein vegetarische oder sogar vegane Restaurants in der Stadt.

Der große Knackpunkt in der Gastronomie: Restaurants, in denen es gute vegetarische Gerichte und gute Fleischgerichte gibt. Und diese Schnittmenge ist klein. Ich lebe und liebe mit einer Frau zusammen, die gerne Fleisch isst. Nicht oft, nicht viel, aber hin und wieder will sie doch gerne mal Spaghetti mit Hackfleisch-Bolognese oder einen Sauerbraten. Und dieser Fleischeslust geht sie gerne nach, wenn wir mal irgendwo zum Essen gehen. Und leider muss meist jemand von uns dabei kulinarische Abstriche machen. 

Bärlauch-Gnocci

Es gäbe noch Vieles zu erzählen aus meinem ersten Jahr als Vegetarier. Von sorgenvollen Blicken, von Expeditionen in die unendlichen Weiten der Fleischersatz-Produkte, von meinem kulinarischen Vorfühlen ins Vegane. Aber das ist Stoff für viele weitere Geschichten im — vegetarischen — Kochdepp-Blog.

Headerbild: DALL-E 2

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1 Kommentar

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  1. @kochdepp Ein bisschen länger bei mir schon und kurz davor komplett vegan zu werden (die Tochter drängelt 🙂 ). Ich kann das bestätigen. Ich habe das Gefühl, jetzt sehr viel besser (leckerer) zu essen, als damals. Wahrscheinlich, weil ich mir einfach mehr Gedanken über's Essen mache. Und ich hab krass abgenommen 😆 (ohne Diät quasi)Cooler Blog!